Im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes der ZWST (Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland) habe ich, Vincent Weber (Abiturjahrgang 2022), die Möglichkeit gehabt, knapp sechs Monate in Israel zu verbringen. Meine Einsatzstelle war das Altenheim Beth Joles in Haifa, der dritt größten Stadt Israels.
Im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes der ZWST (Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland) habe ich, Vincent Weber (Abiturjahrgang 2022), die Möglichkeit gehabt, knapp sechs Monate in Israel zu verbringen. Meine Einsatzstelle war das Altenheim Beth Joles in Haifa, der dritt größten Stadt Israels. Haifa ist eine sehr bunte Stadt im Norden des Landes, direkt am Meer. Hier treffen alle drei Hauptreligionen aufeinander, der Islam, das Christen- & Judentum. Die Stadt wird häufig als Paradebeispiel für ein friedliches Zusammenleben der Angehörigen dieser verschiedenen Religionen gesehen, die andernorts oft verfeindet sind.
In dem Altenheim leben viele Überlebende des Holocausts. Zunächst war ich durchaus verunsichert, wie die Menschen reagieren würden, einem jungen Mann aus Deutschland zu begegnen. Zu meiner Überraschung ist mir niemand deswegen während meiner gesamten Zeit negativ begegnet. Im Gegenteil: Ich wurde überaus herzlich empfangen und schnell waren wir zu einer großen Familie zusammengewachsen. Meine Aufgaben bestanden vor allem darin, die alten Menschen beim Essen und in ihrer Freizeit zu betreuen. Ich habe ihnen die Mahlzeiten im großen Speisesaal serviert, bin mit ihnen spazieren gegangen oder habe Spiele mit ihnen gespielt. Vor allem habe ich viel mit ihnen erzählt und ihnen zugehört. Besonders viel Zeit habe ich speziell mit einer der Bewohnerinnen verbracht, Ruth. Ruth stammt aus Berlin, ist heute 100 Jahre alt und hatte das Glück, rechtzeitig vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen zu können. Sie lebt schon seit ihrer Ankunft im Land Israel in Haifa und war sehr froh, einen Menschen im Altenheim zu haben, mit dem sie Deutsch sprechen konnte. Diese ihre Muttersprache beherrscht sie auch nach all den langen Jahren in Israel perfekt. Ruth nahm mich im Laufe der Zeit meines Freiwilligendienst zu verschiedenen Familienfeiern mit und machte sich hervorragend als meine persönliche Hebräisch-Lehrerin. Auch andere Bewohner des Altenheims haben mir einerseits versucht, Hebräisch beizubringen, und andererseits gerne die Gelegenheit genutzt, das Deutsch ihrer Kindheit anzuwenden und aufzufrischen.
Israel ist wirklich ein außergewöhnliches und einzigartiges Land auf der Welt. Obwohl es an seiner dünnsten Stelle nicht einmal 15km breit ist, ist es doch voller Gegensätze und Widersprüchen. Während man noch gerade im Norden Ski-Fahren war, kann man schon zwei Stunden später am Strand liegen und Cocktail trinken. Besonders die zwei größten Städte, Tel Aviv und Jerusalem, könnten unterschiedlicher nicht sein. Tel Aviv ist eine mediterrane Stadt der Säkularen und der Partys & auch einer der Orte der Welt, wo sich früh schon insbesondere Menschen der LGBTQ-Community besonders wohlfühlen und akzeptiert werden. Jerusalem ist ganz anders. In der Altstadt prallen drei der Weltreligionen auf engsten Raum zusammen. Die Stadt ist reich an Traditionen und Geschichte. Jerusalem ist Hauptstadt und eine geteilte Stadt zwischen dem jüdischen und dem arabischen Teil, auch wenn es sich als normaler Tourist im ersten Moment nicht so anfühlt.
Es sind diese Gegensätze und Widersprüche, die das Land Israel so besonders machen. Ich habe viel gelernt in meiner Zeit in Israel, vor allem aber von den Menschen, die mir auf dieser Reise begegnet sind. Ich habe eine neue Sprache gelernt und mehr über Religionen erfahren und welche erhebliche Rolle sie noch in manchen Regionen der Welt spielen.