Zugegeben, bereits ein halbes Jahr nach seinem Abitur einem Ehemaligen einen "Was macht eigentlich..."-Artikel zu widmen, ist etwas früh. Doch der interessante Brief, der uns unlängst aus Südafrika, wo Mats Visarius, seinen Freiwilligendienst absolviert, ist es wert, hier veröffentlicht zu werden:

Bilder aus Südafrika

Fotos: Mats Visarius

Molweni Nonnenwerth - Grüße aus Südafrika

Molweni Nonnenwerth,

mein Name ist Mats, ich habe im Juni mein Abitur am Franziskus Gymnasium Nonnenwerth bestanden und lebe seit September in Südafrika, wo ich einen Freiwilligendienst in Port Elizabeth bei dem Schul- und Kulturzentrum „Masifunde“ absolviere. Ein Freiwilligendienst ist im Prinzip nichts anderes als ein FSJ, nur dass es über andere Organisationen läuft und im Ausland stattfindet.

Wie kam es dazu?

Vor ca. einem Jahr habe ich auf der Seite von Weltwärts begonnen, nach einem geeigneten Projekt zu recherchieren und mich bei verschiedenen Organisationen zu bewerben. Mein Ziel war Afrika. Welches Projekt und Land es schlussendlich werden sollte, entschied ich erst, als ich von verschiedenen Organisationen Einladungen und Projektvorschläge erhalten hatte und mir selbst klar darüber wurde, was ich wirklich machen möchte.

Die Organisation Masifunde gefiel mir aus verschiedenen Gründen sehr gut: Sie hat vielfältige Programme, ein sehr nettes Team und viel Erfahrung mit Freiwilligen. Zudem bietet die Küstenstadt einiges an Freizeitaktivitäten. Als mir die Projektstelle angeboten wurde, sagte ich also zu.

Es folgten noch in Deutschland ein Vorbereitungsseminar und ein Praktikum in einer ähnlichen Einrichtung. In meinem Fall – manch ein Schüler erinnert sich vielleicht – war ich nach den Sommerferien auf Nonnenwerth.

Ziemlich aufgeregt, mit nur 23 kg Gepäck für ein Jahr, flog ich am 5. September zusammen mit einigen anderen Freiwilligen auf die Südhalbkugel.

Schon die Ankunft lies alle Zweifel hinter mir, als wir mit einem kleinen Bus von unserem Projektleiter Jonas und einigen Mitarbeitern, tanzend und singend vom Flughafen abgeholt wurden und zu unserer Unterkunft gebracht wurden.

Nun lebe ich in einer WG mit vier Mitfreiwilligen in der Port Elizabeth. Mein Arbeitsplatz ist in einem kleinen Township im Stadtteil Walmer. Hier hat sich Masifunde zum Ziel gesetzt, den Bildungsstandard im Township nachhaltig zu verbessern. Wir unterstützen die vielen Programmen zur Ausbildung nützlicher Kompetenzen, Lifeskills und der eigenen Persönlichkeit, wie etwa Learn4Life, Learn2Swim, fit4life oder dem Chor, Theatergruppen und den neugegründeten Kindergarten.

Neben dem Mithelfen in den Programmen übernehme ich auch andere Aufgaben, wie zum Beispiel die Organisation der Schülerzeitung, Unterstützung eines Startups und vieles mehr.

Aber die Arbeit ist nicht alles. An den Wochenenden gibt es Unmengen an Freizeitaktivitäten, denen man hier nachgehen kann. Wir haben bereits mehrere wunderschöne Sundownerspots entdeckt, verbringen viel Zeit an den Stränden, die besonders durch die gewaltigen Wellen beeindrucken, und fahren oft zu nahegelegenen Buchten an denen meist kleine Städte liegen. Das Angebot ist vielfältig: Man kann surfen, Wale und Delfine beobachten, mit Sardinenschwärmen tauchen, Hochseeangeln, Sandboarden und und und.

Ein weiteres Highlight der Region ist der international bekannte Addo Elephant National Park, den wir letztes Wochenende auf eigene Faust erkundet haben. Kaum hatte die Safari begonnen, lief eine Herde Wasserbüffel direkt vor unserem Wagen vorbei, wobei sich die massigen Tiere kaum von uns oder den anderen Autos stören ließen. Wir konnten Elefantenherden beobachten, die sich mittags an einem Wasserloch zum Abkühlen trafen, einer Gruppe Erdmännchen beim Spielen zuschauen oder einfach die atemberaubende Aussicht über die Savanne an einem der Aussichtspunkte genießen.

Als Freiwilliger zählt man zudem nicht als normaler Tourist und darf eine sogenannte Wildcard beantragen, die einem unbegrenzten Eintritt für ein Jahr in 80 der größten Nationalparks und Reservate ermöglicht und nur ca 500 Rand (umgerechnet ca 30€) kostet, was weit unter dem Touristenpreis liegt.

Das allein um einen kleinen Überblick über die Angebote in Port Elizabeth zu geben. Dennoch ist der Freiwilligendienst in erster Linie die Chance, in eine neue Kultur Einblicke zu erhalten, die dem normalen Touristen verwehrt bleiben. Ich lebe, arbeite und unternehme viel mit Locals, erfahre viel über Traditionen, Lebensweisen und Vorurteile und Stereoypen gegenüber Deutschland und stelle selbst fest, inwiefern die eigenen Vorstellungen von Afrika zutreffen oder nicht. Denn ein Freiwilligendienst ist auch ein Lerndienst und die persönliche Entwicklung, die man das Jahr über macht. Das merke ich schon jetzt.

Mein Fazit nach drei Monaten: Auch wenn es immer wieder chaotisch ist und man schnell von einigen Angewohnheiten der Leute genervt sein kann, etwa Pünktlichkeit, sind das Land, die Leute und die Lebensweise hier unglaublich faszinierend. Es gibt jeden Tag Neues zu entdecken, skurrile Situationen, sympathische Menschen und fortlaufend neue Erfahrungen gehören schon fast zum Alltag.

Einen Freiwilligendienst würde ich jedem empfehlen, denn es ist eine tolle Möglichkeit in einem sicheren Umfeld in eine unbekannte Kultur einzutauchen. Schon jetzt nehme ich  eine große Menge an persönlichen Erfahrungen und Eindrücken mit.

An dieser Stelle möchte ich zudem gerne noch meinen ehemaligen Stammkursleiter Herrn Sieg grüßen, mit dem wir die letzen Jahre sehr viel Spaß und eine toll gemeinsame Zeit hatten, so wie Herrn Borggrefe, der meinen Weg auf der Suche nach dem richtigen Land begleitet und mir immer wieder geholfen hat.

Viele Grüße aus Südafrika

Mats

Text und Fotos: Mats Visarius